21 Jun

„Eintauchbilder“, Marco Schuler

 

"Eintauchbilder", Marco Schuler, hier in AIR Krems in der Ausstellung Marco Schuler "Sackgesicht", 2009, Foto Christian Redtenbacher, Wien     "Eintauchbilder", Marco Schuler, hier in AIR Krems in der Ausstellung Marco Schuler "Sackgesicht", 2009, Foto Christian Redtenbacher, Wie

„Eintauchbilder“, Marco Schuler,2001, Fotoserie 9teilig, je 90×70 cm, Auflage 7, Diasec                                                hier in der Ausstellung Marco Schuler „Sackgesicht“, 2009, AIR Krems                                                                           Foto: Christian Redtenbacher, Wien 

 

 

 

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Marco Schuler

Es scheint, als wolle Marco Schuler buchstäblich mit dem Kopf durch die Wand – faktisch und sinnbildlich. Grenzen, die ihm durch Material, durch Arbeitsmittel oder körperlicher Möglichkeiten gesetzt werden, dienen als Herausforderung und Ansporn, diese zu überwinden. Dabei setzt er auf einen radikalen körperlichen Einsatz, der zum Teil slapstickartige Komponenten aufweist, um sich selbst als Künstler und als Individuum herauszufordern. Er kommt damit fast einem Extremsportler gleich, der ohne Rücksicht auf das eigene körperliche Empfinden, die eigenen Grenzen immer neu definiert.

Nicht von ungefähr zeigen viele seiner Videoarbeiten, die ihn als Agierenden vorführen, auch „Extremsituationen“ beziehungsweise ausweglos erscheinende Handlungen. Das Grundsetting der einzelnen Videos ist immer das gleiche: eine Kamera wird an einem festen Punkt im Raum fixiert und zeichnet eine Aktion auf, die vom Künstler durchgeführt wird. Die Aktionen selbst bergen neben der körperlichen Herausforderung und „Selbstentblössung“ eine eigene, seltsame Komik. Sei es, dass er sich bei „Schuler gräbt“ von 2000 mit einer Schaufel bewappnet förmlich aus dem Bild gräbt oder sich bei „Schuler zieht sich an“ (2000) in einem Windkanal unter den erschwerten Bedingungen von Gegenwind der Stärke von 110 Stundenkilometer anzieht. Für „Horny“ (2003) setzte er sich einen riesigen Kegel über den Kopf und versucht mit dessen Spitze einen kleinen Ring vom Boden aufheben. Die neueste der Videoarbeiten „Totentanz“ (2004) zeigt das verschwommene Bild des Künstlers, der im Dunkeln auf einem Traktor fährt, auf dessen Haube die Kamera befestigt ist. Er selbst hat eine Kiste mit Sehschlitz über den Kopf gezogen, welche die Bedingungen für die sichere Fahrt zusätzlich erschweren.

Es zeigt sich, dass es Marco Schuler gelingt, mit seinen Arbeiten eine subtile Balance zwischen körperlichen Einsatz, Auseinandersetzung mit Raum und skurriler Bilderzählung zu erzeugen. Auch wenn seine Videoarbeiten zunächst absurd und amüsant wirken, sind die Arbeiten nicht wirklich lustig. Sie sind ernsthafte Auseinandersetzungen mit den alltäglichen Gegebenheiten, der eigenen Existenz und der Arbeits- und Lebensumgebung. Seine Videos sind so absurd oder irrsinnig, wie dies auch die Realität ist. Und sie zeigen, wieviel Kraft und Energie man in das Leben stecken muß, um dieses zu meistern.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der genaueren Betrachtung der plastischen Arbeiten Schulers. So rannte er zum Beispiel für „Treffer“, eine Serie von Wachsportraits, immer wieder mit dem Kopf gegen eine mit Hartschaum verkleidete Wand und nutzte anschließend den Abdruck des verquetschten Gesichtes als Gußform für die Wachsgesichter. Oder er quält sich mit Bergen von LKW-Reifen, die er in kraftvollen Verschlingungen zusammenfügt. Auch hier steht der Kraftakt, der Kampf mit dem Material und den Umständen im Mittelpunkt der Arbeit.

Die Werke von Marco Schuler scheinen so ein Sinnbild für jegliches menschliches Streben nach „mehr“ zu sein, das häufig bis zur absoluten Verausgabung führt und vom Einzelnen das „Äußerste“ verlangt. Sie sind aber auch Metaphern für die Absurdität und Komplexität des alltäglichen Lebens.

Valeria Liebermann, 2004

 

Martin Engler, Kunstbulletin

Martin Engler, Kunstbulletin